Ein Aspekt in dem sich Deutschland grundlegend Von Indie unterscheidet ist der Mangel an Hingabe. Dies las ich vor kurzem und wurde an eine Blog-Idee erinnert, die ich schon länger in mir trug.
Natürlich geht alles auf die Säkularisierung zurück, oder Neudeutsch: dem "Muff unter den Talaren" abgeschafft zu haben. Aber damit wurde uns langfristig doch mehr genommen, als wir vielleicht wahr haben wollen.
Für mein eigenes Leben, kann ich sagen, als ich den Spirit zur Hingabe in einem tibetisch-buddhistischen Kloster in Kalifornien fand, es meiner Neugeburt nahe kam. Und sicherlich ist es auch dieser "Hunger", der mich zum Yoga und besonders zum Prana Vinyasa Flow gezogen hat. Hier werden die Hinwendungen zur Erde, Ma, viel stärker mehr betont, ähnlich wie die respektvollen Verbeugungen (Prostrations oder pranams) im tibetischen Buddhismus und die Zuwendungen zu Mutter Erde im Terravada Zen Buddhismus der Plum Village Tradition.
Was war das mit dem Muff unter den Talaren? Ich bin in West Berlin zur Zeit der Studentenrevolution, APO und RAF aufgewachsen. Diese Sekularisierungswelle des akademischen Feudalismus, brachte unbestritten viele BIldungsfreiheiten. Und dennoch entschied ich mit für meinen Master of Arts und Doctor of Philosophy einen Talar zu tragen und diese "rite de passage" in Großbritannien zu begehen, wo diese Rituale nicht abgeschafft wurden.
Was haben wir also verloren, was ist das genau, und was macht die Qualität der Hingabe gut und wichtig? Oft verwechseln wir Hingabe mit Kontrolle abgeben, also einem gefürchteten und unbedingt zu vermeidenden Kontrollverlust. Ist das wirklich so?
Für mich geht es bei der Hingabe darum, dem Leben, das uns gegeben wurde, diesem unfassbaren Wunder, uns diesem also voll und ganz hin-zu-geben. Ohne wenn und aber. Das in sich ist eine tägliche Übung. Der bekannte Zen Meister Thich Nhat Hanh erinnert uns: "The whle cosmos has come together to create you.You carry the whole cosmos inside you. That is why, to accept yourself and to love yourself is an expression of gratitude" (also: das gesamte Universum hat sich vereint, um dich zu erschaffen. Du trägst das gesamte Universum in dir. Deshalb ist es ein Ausdruck der Dankbarkeit, dich selbst anzunehmen und dich selbst zu lieben). Ich will hier nicht sagen, dass es undankbar sei, wenn du Schwierigkeiten hast dich selbst anzunehmen. Im Gegenheil! Vielmehr möchte ich vorschlagen, dass wir uns täglich dem eigenen Lebensfeuer, der Lebensenergie, mit Hingabe widmen. Dich also zu fragen, was deine innere Flamme braucht um kraftvoll und beständig zu brennen.
Ein Blick zur tibetischen und indischen Kultur macht darüberhinaus deutlich, dass eine devote Lebenshaltung, wie wir es vielleicht für Europa noch mit den Mystikern Hildegard von Bingen und Meister Eckhart verbinden, viel mit Selbstvergessenheit zu tun hat, sich selbst im Großen und Ganzen nicht für ganz so wichtig zu nehmen. Urlaub vom Selbst (damit ist das Ego gemeint also deine Gedankenstrukturen). Und stattdessen, das ist in Asien deutlich, dem Kollektiv, der Gemeinschaft mehr Bedeutung zu bemessen. Die Kehrseite der aus der Sekularisierung resultiereden Individualisierung ist eben die atomisierte Gesellschaft (v.a. wohl im nördlichen Europa und Nordamerika), in der Individuen unter dem Gefühl der Trennung und dem Schmerz des Abgespalten-Seins leiden.
Yoga lehrt uns von der Interdependenz aller Wesen, dass alles mit allem verbunden ist. Yoga heißt Einheit. Einheit mit sich selbst. Gemeinsamkeit mit anderen Praktizierenden. Die Yoga-Praxis ist deshalb ein wunderbarer Rahmen um Hingabe zu wagen und - mehr noch - zu verkörpern.
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